Interoperabilität

Die Interoperabilität bezweckt, dass Züge auf verschiedenen Schienennetzen verkehren können, insbesondere auf den Eisenbahnnetzen verschiedener Staaten. Hierfür werden die technischen Standards und die rechtlichen Rahmenbedingungen international harmonisiert.

Für die Schweiz als kleines Land im Herzen Europas ist Interoperabilität wichtig, weil sie den grenzüberschreitenden Verkehr vereinfacht und die Verlagerungspolitik stärkt.

Ein Zug von SBB Cargo International fährt durch deutsches Gebiet
Freie Fahrt über die Grenzen hinweg: Ein Zug von SBB Cargo International unterwegs in Deutschland.
© SBB

Europäische Eisenbahnagentur

Die Eisenbahnagentur der Europäischen Union (ERA) mit Sitz im französischen Valenciennes ist zuständig für die Vereinheitlichung des Bahnverkehrs in Europa sowie für die Stärkung der Sicherheit. Sie sorgt dafür, dass unterschiedliche technische Standards vereinheitlicht und regionale Sicherheitsvorschriften abgelöst und harmonisiert werden. Im Rahmen der Umsetzung der technischen Säule des vierten Bahnpakets der EU integriert sich die Schweiz schrittweise in die Verfahren und Zulassungsprozesse der ERA.

Technische Säule 4. EU-Bahnpaket

Die EU strebt mit der technischen Säule des 4. Bahnpakets eine zügige und nachhaltige Harmonisierung im internationalen Normalspurverkehr an. Die Interoperabilitäts-Standards sollen in den Ländern konsequent angewendet werden.

Die Interoperabilitäts-Standards sollen in den Ländern konsequent angewendet werden. Die vorhandenen historisch gewachsenen nationalen Regeln müssen mit einem vereinbarten Bereinigungsplan abgebaut werden. Die EU-Eisenbahnagentur ERA hat den Auftrag, die heutigen europäischen Interoperabilitäts-Standards im Sinne der Innovation umfassend zu modernisieren. Die ERA betreibt weiter das Fahrzeugzulassungsportal «One Stop Shop» und erteilt seit Juni 2019 grenzüberschreitend gültige Zulassungen. Die ERA arbeitet bei den Prüfungen der Zulassungsdossiers eng mit den nationalen Aufsichtsbehörden zusammen. Die Schweiz übernimmt die Elemente der technischen Säule des 4. Bahnpakets in Teilschritten.

Technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI)

Technische Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) sind Anforderungen, welche die EU für den grenzüberschreitenden Verkehr in Europa festgelegt hat.

Die einzelnen TSI betreffen jeweils Teilsysteme wie Infrastruktur, Energie, Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung (jeweils strecken- und fahrzeugseitig), Betriebsführung und Verkehrssteuerung, Instandhaltung und Telematikanwendungen. Damit der grenzüberschreitende Verkehr erleichtert und die Verlagerungspolitik unterstützt werden kann, ist die Schweiz bestrebt, die TSI für das Normalspur-Hauptnetz möglichst zu übernehmen. Ausnahmen meldet die Schweiz in Form von «Notifizierten Nationalen Technischen Vorschriften» (NNTV) der EU zur Prüfung. Für die Nebenstrecken des Normalspurnetzes gelten reduzierte Anforderungen bezüglich TSI, für die Schmalspurnetze kommen sie nicht zur Anwendung. Die Details sind in der Eisenbahnverordnung (EBV) geregelt.

European Rail Traffic Management System (ERTMS)

Die Einführung von ERTMS (European Rail Traffic Management System) hat zum Ziel, auf den wichtigsten europäischen Strecken ein einheitliches System für Management und Steuerung des Eisenbahnverkehrs zu etablieren. Herzstück ist das Zugbeeinflussungssytem ETCS (European Train Control System).

Das Schweizer Normalspurnetz ist seit 2018 weitestgehend mit diesem Standard ausgerüstet. Die aktuelle ERTMS-Strategie des BAV sieht vor, ETCS und die damit zusammenhängenden Systeme wie den Eisenbahn-Mobilfunk (GSM-R) weiter zu optimieren. Damit soll der grenzüberschreitende Verkehr weiter vereinfacht werden.

Güterverkehrskorridore

Die EU hat ein Netz von Schienengüterverkehrskorridoren definiert. In diesen werden die grenzüberschreitende Harmonisierung der Vorschriften (Interoperabilität) und die Modernisierung (insbesondere mit dem europäischen Zugsicherungssystem ERTMS) prioritär durchgeführt.

Auf einer Europakarte sind die Güterverkehrskorridore mit farbigen Linien eingezeichnet.
Um die Einführung des europäischen Zugsicherungssystems ERTMS zu beschleunigen, wurden Güterverkehrskorridore definiert, welche sich an bestehenden und künftigen Verkehrsströmen orientieren.
© BAV

Zudem sind die Infrastrukturbetreiber gehalten, eng mit den Partnern in den Nachbarländern zusammenzuarbeiten. Dadurch werden die Korridore zum Treiber und Rückgrat eines leistungsfähigen Schienengüterverkehrsnetzes in Europa.  

Für die Schweiz von Bedeutung sind der Korridor Rhein-Alpen zwischen Rotterdam und Genua (via Lötschberg-Simplon und Gotthard-Ceneri) sowie der Korridor Nordsee-Mittelmeer zwischen Antwerpen und Lyon bzw. Basel.

Grenzbetriebsstrecken

Grenzbetriebsstrecken sind diejenigen Strecken, die vom letzten Betriebspunkt (Bahnhof, Rangierbahnhof, Betriebswechselpunkt) in der Schweiz zum ersten Betriebspunkt im Nachbarland führen.

Bei diesen Strecken ist es besonders wichtig, dass sie interoperabel ausgestaltet sind, damit die Züge international verkehren können. Die Grenzbetriebsstrecken sind in Anhang 8 der Eisenbahnverordnung (EBV) aufgelistet.

Weitere Informationen

https://www.bav.admin.ch/content/bav/de/home/verkehrsmittel/eisenbahn/fachinformationen/interoperabilitaet.html