Potenzial für Fernbuslinien in der Schweiz

Fernbusse stellen einen sinnvollen, meist auf privater Initiative basierenden Bestandteil des öffentlichen Verkehrs dar. Während grenzüberschreitende Fernbuslinien keine Passagiere von einem Ort zum anderen in der Schweiz befördern dürfen ("Kabotageverbot"), unterstehen reine Binnenverkehrslinien der normalen Konzessionspflicht, die auch für sämtliche von der öffentlichen Hand bestellten regionalen Bahn- und Buslinien gilt. Bisher gibt es erst wenige "Fernbus"-Linien im Binnenverkehr.

Für den grenzüberschreitenden und den innerschweizerischen Linienbusverkehr gelten je eigene Rechtsvorschriften. Obwohl die Kriterien für die Zulassung neuer Linien im internationalen und im nationalen Verkehr ähnlich sind, haben sich die beiden Branchen in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt:

  • Die Zulassung von grenzüberschreitenden Fernbussen ist in internationalen Abkommen geregelt. Neue Linien werden grundsätzlich zugelassen. Ein Ablehnungsgrund bestünde darin, dass bestehende Bahnverbindungen durch die neue Busverbindung ernsthaft beeinträchtigt würden, so dass diese einzelne Züge oder ganze Linien einstellen müssten. Dies konnte bisher bei keinem Gesuch nachgewiesen werden. Die Zahl der internationalen Fernbuslinien mit Halt in der Schweiz hat in den letzten vier Jahren von rund 200 auf rund 300 zugenommen. Auf internationalen Fernbuslinien dürfen keine Passagiere auf Teilstrecken innerhalb der Schweiz, also beispielsweise zwischen Bern und Zürich, befördert werden (Kabotageverbot). Dieses Verbot wird von den Kantonspolizeien im Auftrag des BAV kontrolliert. Verstösse gab es bisher nur in Einzelfällen. Die Busunternehmen sind gehalten, verhältnismässige Vorkehrungen zu treffen wie beispielswese Durchsagen, Flyers oder andere Massnahmen.

  • Die Zulassung von neuen nationalen Buslinien ist im schweizerischen Recht geregelt. Damit gelten für die Konzessionierung von neuen, privat initiierten Linien, welche ergänzend zur Bahn und zu den von der öffentlichen Hand bestellten Buslinien (z. B. Postautos etc.) verkehren sollen, zwar andere Rechtserlasse, aber ähnliche Bedingungen wie für internationale Busse. Neue nationale Busverbindungen dürfen gemäss Personenbeförderungsverordnung bestehende, von der öffentlichen Hand mitfinanzierte Verkehrsangebote nicht wesentlich konkurrenzieren bzw. Angebote, die nicht vom Staat unterstützt werden, nicht in ihrem Bestand gefährden. Auch werden die Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Angebote geprüft. Neue Busangebote müssen in das schweizerische Tarifsystem eingebunden werden, die schweizerischen arbeitsrechtlichen Bedingungen einhalten und branchenübliche Anstellungsbedingungen garantieren. Für neue "Fernbus"-Linien in der Schweiz gelten damit die gleichen Zulassungsbedingungen wie für neue Regionalbusse, welche von der öffentlichen Hand bestellt werden. Bisher sind indes erst wenige Gesuche eingegangen. Das BAV hat rund ein Dutzend Linien bewilligt, die von den Flughäfen Zürich oder Genf in Tourismusregionen führen. Für solche Verbindungen von und zu Flughäfen gelten erleichterte Zulassungsbedingungen, da bei ihnen gemäss Personenbeförderungsverordnung stets davon ausgegangen wird, dass sie andere, von der öffentlichen Hand bestellte und finanzierte Linien nicht wesentlich konkurrenzieren.


Sowohl grenzüberschreitende Fernbuslinien als auch solche im Binnenverkehr stellen einen sinnvollen Bestandteil des öffentlichen Verkehrs dar. Oft werden Fernbus-Linien dort lanciert, wo die Bahn über kein oder ein schwaches Angebot verfügt, etwa auf der Linie Zürich-München oder - wie erwähnt - zwischen den Landesflughäfen und gewissen Tourismusregionen. Auch der Tellbus zwischen Luzern und Altdorf oder der Winkelriedbus zwischen Stans und Altdorf - beide von der öffentlichen Hand mitfinanziert - sind Beispiele dafür, dass neue Busverbindungen den bereits bestehenden öV sinnvoll ergänzen können.

Die Erfahrungen im Ausland zeigen, dass neue, privat initiierte Linienbusse nur zu einem geringen Teil die Bahn konkurrenzieren: Im Schnitt fuhr ein Drittel der Passagiere zuvor mit dem Auto, bei einem Drittel handelt es sich um neu generierten Verkehr und ein Drittel stammt von der Bahn. Dies dürfte in ähnlicher Form auch für die Schweiz gelten.

BAV-News Nr. 44 Oktober 2016

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