Elektrobusse im Engadin: technisch machbar, aber zu teuer

In Städten gehören Elektrobusse mehr und mehr zum Alltagsbild. Doch wie realistisch ist die Elektrifizierung der Flotte in Berggebieten, wo grössere Distanzen, andere Klimabedingungen und steilere Abschnitte bewältigt werden müssen und zudem mehrere potenzielle Energielieferanten zur Verfügung stehen? Die Bus und Service AG, welche auch den Engadin Bus betreibt, geht dieser Frage auf technischer, ökologischer und wirtschaftlicher Ebene nach und liefert Handlungsempfehlungen.

Bereits im Jahr 2012 hat das Churer Unternehmen Bus und Service AG einen ersten Elektrobus eingesetzt. Seither hat eine beeindruckende Entwicklung stattgefunden, Elektrobusse kommen in verschiedenen Schweizer Städten im Linienbetrieb zum Einsatz und sind heute auch deutlich zuverlässiger als der damalige Pionierbus im Churer Stadtnetz. Parallel dazu sind zahlreiche Studien erschienen, die das Potenzial von E-Bussen insbesondere im städtischen Kontext untersuchen.

Die Bus und Service AG hat den Einsatz von Elektrobussen in St. Moritz im Rahmen einer Studie unter die Lupe genommen. Diese kommt zum Schluss, dass aus technischer Perspektive eine hundertprozentige Elektrifizierung mit Batteriebussen im Berggebiet trotz der erhöhten Anforderungen möglich ist. Voraussetzung dafür ist die Nutzung von Streckenladern und der Einbau von nicht-elektrischen Zusatzheizungen in den Fahrzeugen. Solche Zusatzheizungen können eine technische Lösung für kurze, extreme Kältezeiten während des Winters sein und die nötige Batteriekapazität der Busse erheblich entlasten. Zusatzheizungen beeinflussen die CO2-Bilanz allerdings ungünstig, weshalb sie zurückhaltend eingesetzt und möglichst mit Biodiesel oder Bioethanol betrieben werden sollten.

Gemäss der Untersuchung würde in St. Moritz eine vollständige Umstellung auf Elektrobusse derzeit Mehrkosten von 200–300 % verursachen, was sie wirtschaftlich unrealistisch macht. Dies gilt selbst dann, wenn die Anzahl an Streckenladern geringgehalten wird und Massnahmen ergriffen werden, um Leistungsspitzen beim elektrischen Laden zu reduzieren. Die Studienautoren empfehlen interessierten Busunternehmen, die zumutbaren Mehrkosten des Gesamtsystems gegenüber Dieselbussen frühzeitig abzuklären und auch eine teilelektrische Flotte nicht auszuschliessen. Etwa ein Drittel der Tageseinsätze im Engadin würde sich mittelfristig ohne Streckenlader elektrifizieren lassen.

Insgesamt zeigt die Studie, dass die Herausforderungen in Bergregionen ungleich grösser sind als in Städten und Agglomerationen im Flachland. Die Elektrifizierung der Busse im Berggebiet wird erst dann eine Chance haben, wenn die politischen Rahmenbedingungen und der Markt sich so verändern, dass sie ähnlich wirtschaftlich wie Dieselbusse betrieben werden können.

P-196: Schlussbericht

P-196: Fallstudie

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