Konsolidierungsphase beim Bahnausbau

17.11.2022 - Beim Ausbau der Bahninfrastruktur in der Schweiz ist eine Konsolidierungsphase notwendig. Gründe sind u.a. der Verzicht der SBB auf die Technik der Wankkompensation, Verzögerungen bei Schlüsselprojekten und eine Baustellen-Dichte, die bis mindestens 2033 keine zusätzlichen Arbeiten auf dem Netz mehr zulässt. In den nächsten Botschaften des Bundesrats zum Bahnausbau soll deshalb das Schwergewicht auf bauliche Massnahmen gelegt werden, welche den bisherigen Zielfahrplan («Angebotskonzept») 2035 auf eine stabile Basis stellen sowie auf Grossprojekte mit einer langen Realisierungszeit.

Rote Schilder mit einem weissen Strich zeigen an, dass drei Gleise gesperrt sind. Im Hintergrund ein Fernverkehrszug der SBB.
Bevor das Eisenbahnnetz in der Schweiz weiter ausgebaut werden kann, braucht es jetzt eine Konsolidierungsphase.
© BAV

Derzeit sind zahlreiche Massnahmen aus den Ausbauschritten 2025 und 2035 sowie aus dem Ausbauprogramm ZEB in Projektierung oder im Bau. Dazu läuft die Anpassung des Bahnnetzes an die Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes auf Hochtouren. Die vielen Baustellen auf dem Schienennetz zeugen davon. Die SBB kann über die bereits beschlossenen Ausbauten hinaus bis mindestens im Jahr 2033 keine weiteren Ausbauten in Angriff nehmen, ohne dass die Fahrpläne stark reduziert werden müssen. Zusätzliche Baustellen würden das Netz allzu stark belasten. Ausgedünnte Baustellenfahrpläne bzw. Verspätungen wegen knappen Kapazitäten würden den Reisekomfort für die Passagiere zu stark beeinträchtigen.

Dazu kommen weitere Entwicklungen:

  • Einige Schlüsselprojekte weisen gegenüber dem ursprünglichen Bauplan einen Rückstand auf - u.a. der Ausbau der Bahnknoten Bern, Lausanne und Genf, der Ausbau des Bahnhofs Zürich Stadelhofen, der Zimmerberg-Basistunnel II sowie der Brüttenertunnel
  • In der Westschweiz ist die SBB bereits ab 2025 gezwungen, den Grundfahrplan anzupassen. Der geltende Fahrplan kann mit der gestiegenen Anzahl der Reisenden und damit längeren Ein-, Aus- und Umsteige-Zeiten sowie den vielen Bauarbeiten vielerorts nicht mehr eingehalten werden. Die Folge davon sind schlechte Pünktlichkeit und tiefe Kundenzufriedenheit.
  • Nicht in den bisherigen Planungsgrundlagen berücksichtigt ist auch der Verzicht der SBB auf die Technik der Wankkompensation beim neuen Fernverkehrs-Zug. Die angepeilten Fahrzeitverkürzungen zwischen Bern und Lausanne resp. Winterthur-St.Gallen müssen also mit anderen Mitteln erreicht werden. Für beide Strecken Lausanne-Bern und Winterthur-St. Gallen sind Studien im Gang, um Ersatzlösungen für den Verzicht auf diese Technologie zu erarbeiten.

Unter Berücksichtigung dieser Entwicklungen ist die SBB zum Schluss gekommen, dass sich der mit dem letzten Ausbauschritt festgelegte Zielfahrplan («Angebotskonzept») für 2035 so nicht umsetzen lässt. Das BAV teilt diesen Befund und hat ihn in der Vernehmlassungsvorlage zum Stand der Ausbauschritte und zur Perspektive Bahn 2050 aufgenommen. Im kommenden Jahr wird der Bundesrat zu dieser Vorlage die Botschaft ans Parlament verabschieden. Es geht in dieser Vorlage um kleinere Anpassungen bei der Finanzierung der bereits beschlossenen Ausbauschritte. Neue Ausbauten sind nicht vorgesehen. Einzige Ausnahme ist der Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels, mit welchem insbesondere die achtmonatige Totalsperre verhindert werden kann, welche mit dem ursprünglich beschlossenen Teilausbau nötig geworden wäre.

Botschaft mit Stabilisierungsmassnahmen im Jahr 2026

Im Fokus der im Jahr 2026 folgenden Botschaft des Bundes zum Bahnausbau wird die Überarbeitung und Konsolidierung des Angebotskonzepts 2035 stehen. Mit den dafür notwendigen Infrastrukturmassnahmen soll das Netz soweit getrimmt werden, dass das mit dem Ausbauschritt 2035 beschlossene Angebot stabil und pünktlich betrieben werden kann. Konkret kann dies bedeuten, dass weitere Bahnhöfe erweitert werden, um die gestiegene und weiter steigende Nachfrage sicher und innerhalb der notwendigen Umsteigezeit abzuwickeln. Auch braucht es weitere Abstellgleise und Unterhaltskapazitäten.

Für die Botschaft 2026 zu prüfen sind gemäss Bundesbeschluss zum Ausbauschritt 2035 erste Etappen von Grossprojekten, die zeitlich und finanziell nur über mehrere Ausbauschritte hinweg umgesetzt werden können. Es handelt sich dabei um die Direktverbindung Aarau-Zürich, den Knoten Luzern, den Knoten Basel, die Beschleunigung Lausanne-Bern sowie die Beschleunigung Winterthur-St. Gallen. Voraussetzung ist, dass solche Vorhaben ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen und die Zielsetzung der Perspektive BAHN 2050 für den Verkehr, die Siedlungsentwicklung und den Beitrag an die Klimaziele erfüllen.

Das BAV wird Kantone und Bahnen in die Arbeiten einbeziehen, dies im Rahmen der rollenden Planung, wie sie vom Stimmvolk 2014 mit dem Ja zur Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) gutgeheissen worden war.

 

«BAHN 2050»: Bundesrat will die Bahn langfristig weiter stärken (admin.ch)

Bahn-Ausbau läuft auf vollen Touren – Verzögerungen bei einigen Grossprojekten (admin.ch)

https://www.bav.admin.ch/content/bav/de/home/publikationen/bav-news-blog/14-2022.html