Antworten auf die wichtigsten Fragen zum "Fall Postauto"

Am 11. Juni 2018 haben der Bundesrat, das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) sowie die Post Berichte und Massnahmen zum "Fall Postauto" präsentiert. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) nimmt Stellung zu den wichtigsten Punkten, welche das BAV betreffen.

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Der Expertenbericht der Post (Donatsch) kritisiert, das BAV sei "untätig" geblieben, als der Preisüberwacher 2012/13 bezüglich versteckter Gewinne von Postauto "die richtigen Fragen" gestellt habe. Warum ist das BAV den Hinweisen des Preisüberwachers 2012/13 nicht nachgegangen?

Der Preisüberwacher wandte sich damals nicht zuletzt ans BAV, weil er bei der Post bzw. Postauto AG die gewünschten Informationen nicht erhielt. Das BAV nahm die Hinweise des Preisüberwachers sehr ernst und ist ihnen nachgegangen, drang damals bei der Post jedoch ebenfalls nicht durch. Rückblickend betrachtet hätte das BAV den Hinweisen noch hartnäckiger nachgehen sollen, wobei offen bleibt, ob die Umbuchungen entdeckt worden wären. Zu berücksichtigen gilt es auch, dass das BAV Ende 2012 an einem Spitzentreffen gegenüber der Post unmissverständlich klarstellte, dass im abgeltungsberechtigten Regionalverkehr keine Gewinne erzielt werden dürfen. Es ging davon aus, dass diese Vorgabe eingehalten wurde, zumal es sich bei Post/Postauto um ein bundeseigenes Unternehmen handelt.

Das BAV wurde von den Autoren der Berichte (Donatsch sowie Kellerhals&Carrard) nicht angehört. Damit bestand keine Möglichkeit, den beanstandeten Punkt differenziert darzustellen und die damaligen Bemühungen des BAV einzuordnen.

Das UVEK hat aufgrund des PostAuto-Falls entschieden, ein externes Unternehmen mit einem Audit der subventionsrechtlichen Prüfungen des BAV zu beauftragen, das sich auf Organisation, Methodik und Ressourcen bezieht. Was sagt das BAV dazu?

Das BAV begrüsst diese Überprüfung. Es hat bereits erste Massnahmenvorschläge für diesen Bereich erarbeitet (Trennung von Besteller- und Genehmigerrolle, personelle Stärkung der Rechnungsgenehmigung u. a.) und ist interessiert daran, die Organisation, Methodik und die Ressourcen auch extern überprüfen zu lassen.

Das BAV will auch das Verhältnis zu den externen Revisionen klären. Dazu findet in absehbarer Zeit ein 'Runder Tisch' mit EXPERTsuisse (Schweizer Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand) statt.

Gibt es auch beim BAV personelle Konsequenzen?

Geplant ist, die Besteller- und Rechnungsgenehmigungsfunktion personell noch stärker zu trennen und ein Rotationsprinzip einzuführen, um allfälliger Betriebsblindheit vorzubeugen. Zudem sollen die subventionsrechtlichen Prüfungen neu gestaltet und personell verstärkt werden.

Ein persönliches Verschulden von BAV-Mitarbeitenden konnte nicht festgestellt werden. Die Verschleierung durch Postauto erfolgte so systematisch, dass sie von aussen praktisch nicht erkennbar war.

Die Kantone und der Bund sollen die 2007-2015 zu hoch bezahlten Abgeltungen zu Lasten des Regionalverkehrs zurückerstattet erhalten. Ist das nun erfolgt?

Die unter der Leitung des BAV stehende Arbeitsgruppe von BAV und Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV) arbeitet daran, Methodik und Modalitäten der Rückerstattung zu klären. Ernst & Young (EY) hat im Auftrag der Post eine Auswertung vorgenommen. Diese Auswertung bietet eine wichtige Grundlage zur Klärung der Rückzahlungen. Das BAV holt betreffend Methodik und Vollständigkeit der Berechnungen nun noch eine «second opinion» ein. Es ist davon auszugehen, dass die Arbeiten bis im Herbst 2018 abgeschlossen werden und die Rückzahlungen noch dieses Jahr erfolgen können.

Seit Anfang 2016 hat Postauto eine neue Organisationstruktur (Subholding). Das BAV geht davon aus, dass gestützt darauf 2016-2018 ebenfalls zu hohe Abgeltungen bewilligt wurden. Wie steht es um diese Angelegenheit?

2016 führte PostAuto ein Subholding-Modell ein, bei dem über Verrechnungspreise Gewinne auf verschiedene Tochtergesellschaften verteilt wurden. Wie hoch die nicht zulässigen Gewinne 2016  und 2017 waren, ist über eine Vergleichsrechnung bzw. Simulationsmodelle zu eruieren. Diese Arbeiten laufen. Das BAV hat den nicht zulässigen Gewinn im Jahr 2016 im Revisionsbericht auf 15,2 Millionen Franken geschätzt. Wegen des mit dem Bestellwesen verbundenen zeitlichen Vorlaufs wurden die Abgeltungen für die Jahre 2018 und 2019 ebenfalls noch auf Basis des alten Modells berechnet und enthalten darum ebenfalls nicht zulässige Gewinne. Deren Umfang wird nun ebenfalls durch eine Vergleichsrechnung bzw. Simulationsmodelle nachgeprüft. Diese Gelder sollen über eine anteilmässige Kürzung des Abgeltungsbetrags an die Besteller zurückerstattet werden.

Das BAV hat im Rahmen der subventionsrechtlichen Prüfung die Jahresrechnungen 2016 und 2017 von Postauto nicht genehmigt. Künftig haben Leistungsbezüge innerhalb des Konzerns zu effektiven Kosten zu erfolgen. Die Post hat Anfang Juni 2018 einen Vorschlag für eine neue Organisationsstruktur von Postauto vorgelegt. Das BAV wird nun prüfen, ob mit diesem Gewähr besteht, dass die Werteflüsse korrekt verlaufen.

BAV-News Nr. 60 Juni 2018

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