Die Rolle des BAV als Aufsichtsbehörde

Das BAV nimmt im öffentlichen Verkehr, im Schienengüterverkehr und beim Gütertransport auf der Strasse eine Aufsichtsfunktion insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Finanzierung und Infrastruktur wahr. Der Titel der "Aufsichtsbehörde" kann indes überhöhte Erwartungen wecken. Die Gesetze sehen vor, dass die Verantwortung bei den Transportunternehmen und den weiteren beteiligten Akteuren liegt. Das BAV überprüft risiko- und stichprobenorientiert, dass diese ihre Pflichten wahrnehmen und sorgt damit gemeinsam mit ihnen für ein sicheres und effizientes System.

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Je nach Regelung in den massgeblichen Spezialgesetzen geht die Aufsichtskompetenz des BAV unterschiedlich weit. In bestimmten Fällen entscheidet das Amt über einzelne Unternehmen, Bauprojekte oder Personen, etwa bei der Erteilung einer Konzession für die Personenbeförderung, einer eisenbahn- oder seilbahnrechtlichen Baubewilligung (Plangenehmigung) oder bei der Ausstellung von Ausweisen für Triebfahrzeugführende. Dabei haben die Gesuchsteller die Pflicht, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Das Amt prüft risikoorientiert und bezieht dazu beispielsweise zur Abklärung bestimmter Themengebiete bei den Baubewilligungen bei Bedarf auch Gutachten externer Spezialisten mit ein.

In den meisten übrigen Bereichen stellt die Aufsichtstätigkeit des BAV ebenfalls eine Ergänzung dessen dar, was in der primären Verantwortung der Transportunternehmen liegt:

  • Die subventionsrechtliche Rechnungsgenehmigung im abgeltungsberechtigten Regionalverkehr durch das BAV erfolgt gemäss Art. 37 des Personenbeförderungsgesetzes explizit in Ergänzung zur Überprüfung, welche die Revisionsstelle des Unternehmens durchführt. Dies war im Zusammenhang mit dem "Fall Postauto" in Erinnerung zu rufen. Es liegt in der Verantwortung der Unternehmen, im abgeltungsberechtigten Verkehr die Vorgabe von Art. 14 des Subventionsgesetzes zu befolgen, wonach nur Aufwendungen anrechenbar sind, "die tatsächlich entstanden und für die zweckmässige Erfüllung der Aufgabe unbedingt erforderlich sind". Es dürfen damit weder Gewinne noch Renditen eingeplant werden.
  • Bei der Finanzierung von Betrieb und Substanzerhalt der Bahninfrastruktur schliesst das BAV mit den Infrastrukturbetreibern Leistungsvereinbarungen ab. Es handelt sich um globale Zahlungsrahmen. Die Infrastrukturbetreiber sind gemäss Artikel 27 der Verordnung über die Konzessionierung, Planung und Finanzierung der Bahninfrastruktur verpflichtet, "dem BAV eine verbindliche und rechtsgültig unterzeichnete Offerte" vorzulegen, "die den finanziellen und funktionalen Vorgaben entspricht." Die Transportunternehmen sind zur Einhaltung des Subventionsgesetzes verpflichtet und somit dafür verantwortlich, dass die Gelder gemäss ihrem Zweck eingesetzt werden. Das Controlling des BAV überprüft die Einhaltung dieser Vorgaben. Ergänzend dazu kann es vertiefte Revisionen durchführen. Zudem lässt das BAV derzeit ein Konzept erarbeiten, wie die Zweckmässigkeit und Qualität der Arbeiten der Unternehmen vor Ort stichprobenweise durch das BAV bzw. eine beauftragte Stelle geprüft werden kann.
  • Für die Sicherheit im Eisenbahn-, Tram-, Bus-, Seilbahn- und Schiffsverkehr sind grundsätzlich und in erster Linie ebenfalls die Transportunternehmen verantwortlich. Für die Eisenbahnen ist dies im Eisenbahngesetz (Artikel 17) festgehalten: "Die Eisenbahnunternehmen sind im Rahmen der Vorschriften für den sicheren Betrieb der Eisenbahnanlagen und Fahrzeuge verantwortlich". Im Seilbahngesetz (Artikel 18) lautet die Bestimmung wie folgt: "Der Inhaber oder die Inhaberin der Betriebsbewilligung ist für die Sicherheit des Betriebs verantwortlich. Namentlich muss er oder sie die Seilbahn so in Stand halten, dass die Sicherheit jederzeit gewährleistet ist." Das BAV überprüft mittels Audits, Betriebskontrollen oder Inspektionen, ob die Unternehmen ihrer Eigenverantwortung nachkommen. Ein konkretes Beispiel sind regelmässige Kontrollen bei Güterzügen. Stellt das BAV fest, dass die Unternehmen ihre Eigenverantwortung nicht vollständig wahrnehmen, ergreift es entsprechende Massnahmen, wie z. B. Auflagen in der Betriebsbewilligung oder im Extremfall den Entzug einer Bewilligung oder die Einreichung einer Strafanzeige.
  • Bei neuen Eisenbahnfahrzeugen wie dem neuen Fernverkehrs-Doppelstockzug der SBB kontrolliert das BAV im Rahmen der Betriebsbewilligung risikoorientiert und stichprobenartig, ob die Züge so konstruiert sind, dass sie sicher verkehren können und ob sie dem geltenden Recht (z. B. in Bezug auf die Behindertengleichstellung) entsprechen. Es ist in der Verantwortung der Gesuchsteller, sämtliche Aspekte der Sicherheit zu berücksichtigen. Für Aspekte wie Komfort oder Betriebsstabilität ist das Unternehmen alleine verantwortlich. Ebenso steht das Unternehmen wie erwähnt in der Pflicht, den sicheren Betrieb zu garantieren.
  • Das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) richtet sich ebenfalls in erster Linie an die Transportunternehmen (vgl. Artikel 3 BehiG). Diese müssen dafür sorgen, dass der öV bis 2023 barrierefrei benutzbar ist. Als Finanzierungs- und Bewilligungsbehörde ergänzt das BAV diese Bestrebungen. Es hat Kriterien zur Beurteilung der Verhältnismässigkeit bei der Anwendung des BehiG bei den Bahnen festgelegt, um eine einheitliche Anwendung zu garantieren, und es prüft die Massnahmenpläne der Infrastrukturbetreiber zur Umsetzung des BehiG.
     

Nebst den Transportunternehmen tragen viele weitere Akteure eine Verantwortung für das sichere und korrekte Funktionieren des öV-Systems. Dazu gehören die Kantone als Mitbesteller und Mitfinanzierer im regionalen Personenverkehr. Die Strassenverkehrsteilnehmer sind dafür verantwortlich, die Signale und Vorschriften an den Bahnübergängen einzuhalten. Kundinnen und Kunden sind gehalten, auf Perrons und in Stationen die Sicherheitsmarkierungen zu respektieren und sich im öV aufmerksam zu verhalten.

Diese Verteilung der Rollen und Verantwortlichkeiten hat sich bewährt. Das BAV kann seine Aufgaben mit angemessenen Ressourcen - es verfügt über rund 278 Vollzeitstellen - erfüllen. Für eine flächendeckende, detaillierte Kontrolle sämtlicher Bereiche durch das BAV wäre ein Vielfaches dieser Ressourcen nötig.

 

BAV-News Nr. 61 Juli 2018

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