Einigung mit Vertretern der Behinderten zur Umsetzung des BehiG an Bahnhöfen

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) und die Dachorganisation der Schweizer Behindertenverbände, Inclusion Handicap (IH), haben sich in der Frage geeinigt, wie bei der Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) an den Bahnhöfen die Verhältnismässigkeit zu beurteilen ist. Die entsprechende Planungshilfe wurde angepasst. Damit erhalten die Bahnen ein praktikables Hilfsmittel für die Beurteilung von Bahnhofsumbauten und alle Betroffenen Planungssicherheit. Es wird erwartet, dass gestützt darauf rund 30 Bahnhöfe mehr als zuerst angenommen umgebaut werden.

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Im Mai 2017 hatte das BAV angekündigt, dass es mit zusätzlichen Massnahmen sicherstellen will, dass die Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes an den Bahnhöfen bis Ende 2023 umgesetzt werden (vgl. Medienmitteilung). Bisher sind rund 35 Prozent der Bahnhöfe, über welche 64 Prozent aller Reisenden verkehren, angepasst und barrierefrei benutzbar. Die übrigen rund 1000 Bahnhöfe und Haltestellen müssen in den nächsten sechs Jahren beurteilt und, wo dies verhältnismässig ist, angepasst werden.

Das BAV hat beschlossen, dazu eine Steuerung und ein Controlling aufzubauen. Namentlich hat es eine Planungsanweisung an die Bahnen erstellt und von ihnen Umsetzungskonzepte zum BehiG eingefordert. Damit werden die Bahnen unter anderem verpflichtet, im Hinblick auf die Sanierung der Bahnhöfe die "Planungshilfe Interessenabwägung BehiG" des Verbands öffentlicher Verkehr (VöV) anzuwenden, um festzulegen, ob ein Umbau verhältnismässig ist oder ob Ersatzmassnahmen in Form von Personalhilfe oder – in Einzelfällen – alternativen Verbindungen (Bus, Tram etc.) angeboten werden sollen. Die Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit ist im BehiG explizit vorgesehen.

Die Behindertenverbände suchten in der Folge das Gespräch mit dem BAV. Aus ihrer Sicht gewichtete die Planungshilfe die Sicht der Betroffenen zu wenig stark und entsprach damit nicht dem Sinn des Gesetzes. Das BAV überprüfte in Abstimmung mit IH und dem VöV die Planungshilfe und gewichtete die Interessen der betroffenen Behinderten neu stärker, während die betrieblichen Auswirkungen für die Bahnen weniger berücksichtigt werden.

Gemäss erster Einschätzung werden aufgrund dieser Änderung rund 30 Bahnhöfe zusätzlich umgebaut, bei denen gemäss früherer Regelung Ersatzmassnahmen zum Zuge gekommen wären. Die Kosten für diese zusätzlichen Umbauten werden auf rund 150 Millionen Franken geschätzt. Sie werden aus dem Bahninfrastrukturfonds (BIF) finanziert, der über eine ausreichende Liquidität verfügt.

Für das kommende Jahr ist ein Standbericht zur Umsetzung des BehiG geplant. Von den bereits realisierten und noch geplanten Massnahmen profitieren nicht nur die vom BehiG erfassten behinderten und altersbedingt beeinträchtigten Personen, sondern auch Reisende mit viel Gepäck oder Eltern mit Kinderwagen.

 

BAV-News Nr. 56 Dezember 2017

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