Neue Erkenntnisse zu Verschleiss und Pflege der Eisenbahn-Fahrbahn

SBB und Privatbahnen benötigen für den Substanzerhalt der Fahrbahn mehr Geld. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat untersucht, welche Faktoren den Zustand der Fahrbahn beeinflussen. Es wurde ein Bericht erstellt mit dem Ziel, daraus Empfehlungen und regulatorische Massnahmen abzuleiten, welche die Lebensdauer verlängern. Damit soll der finanzielle Mehrbedarf begrenzt werden.

Bild von Unterhaltarbeiten an einem Geleise
Mehrere Faktoren beeinflussen den Zustand der Fahrbahn.
© SOB

Für die Periode 2017-2020 sieht der Bund für den Betrieb und Substanzerhalt der SBB-Infrastruktur gegenüber der letzten Periode 15 Prozent mehr Mittel vor - insgesamt 7,6 Milliarden Franken. Auch die Privatbahnen benötigen mehr Geld. Ein wesentlicher Treiber der steigenden Kosten ist der Investitionsbedarf bei der Fahrbahn (Schienen, Schwellen und Schotterbett). Das BAV hat 2014 ein Projekt zum Thema Fahrbahn Normalspurstrecken gestartet. Ziel war es, noch besser als bisher zu verstehen, welche Faktoren den Zustand der Fahrbahn beeinflussen und daraus Verbesserungsvorschläge abzuleiten. Hierfür zog das BAV nebst verschiedenen internen Spezialisten auch Fachleute von Normalspurbahnen und externe Experten bei.

Die Abklärungen und Analysen zeigten auf, dass der Zusammenhang zwischen Ursachen und Wirkungen komplex ist. Mit einem Wirkungsmodell wurden die Abhängigkeiten aufgezeigt. Daraus liessen sich wichtige Kernaussagen ermitteln:

- In den letzten 20 bis 25 Jahren wurde das Angebot verdichtet, Geschwindigkeiten erhöht und schwereres Rollmaterial eingesetzt, um den Anforderungen von Markt und Kunden zu genügen. Dadurch hat die Beanspruchung der Fahrbahn stark zugenommen.

- Mangelnde Erfassungen des Zustands, nicht konsequent umgesetzte Anlagenstrategien (Konzepte zur optimalen Bewirtschaftung der Fahrbahn), fehlende Personalressourcen und kurzfristiger Kostendruck haben dazu geführt, dass die Widerstandsfähigkeit der Fahrbahn nicht mit der Beanspruchung Schritt halten konnte.

Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist

In einem Teilprojekt wurde die Neubaustrecke (NBS) Mattstetten-Rothrist untersucht. Diese war 2004 im Rahmen des Programms "Bahn 2000" in Betrieb genommen worden. Bereits nach zehn Jahren Betrieb mussten Schienen ersetzt werden, was deutlich unter der erwarteten Lebensdauer liegt. Wie die Analyse zeigt, führten nicht optimale Abläufe vor der Inbetriebnahme und mangelnder präventiver Unterhalt (Stopfen des Schotterbetts, Schleifen der Schienen) zu diesem Problem. Das Fallbeispiel NBS ist jedoch nur beschränkt übertragbar auf das Gesamtnetz.

Ein Vergleich der Netzzustandsberichte der drei grossen Normalspurbahnen ergab Hinweise, dass bei der SBB die Lebensdauer der Fahrbahn tiefer ist als bei BLS und SOB. Dies könnte mit der spezifischen Belastung und dem Zurückfahren des präventiven Unterhalts zu tun haben. Diese Hinweise müssen in weiteren Arbeiten vertieft werden.

Mit der Einführung des Verschleissfaktors im Trassenpreissystem per Anfang 2017 hat der Bundesrat eine Massnahme beschlossen, die bei der Abnutzung der Fahrbahn das Verursacherprinzip stärkt. Der Verschleissfaktor wird für die Bahnen finanzielle Anreize setzen, pro Strecke das jeweils gleisschonendste Rollmaterial einzusetzen. Weiter hat das BAV in der Vorlage zur Bahninfrastrukturfinanzierung für die nächsten vier Jahre auf der Basis von harmonisierten Netzzustandsberichten (vgl. BAV-News 11/15) erstmals ein Gesamtbild der Bahninfrastruktur vorgelegt, welches gewisse Vergleichsmöglichkeiten schafft.

Mögliche weitere Massnahmen

Im Rahmen der ihm zustehenden Kompetenzen plant das BAV weitere Massnahmen zu Gunsten der Fahrbahn. Nachfolgend findet sich eine kurze Auswahl:

- Die Bedeutung der Anlagenstrategien in den Leistungsvereinbarungen mit den Bahnen soll gestärkt werden. Damit soll erreicht werden, dass die Bahnen systematischer als bisher den Zustand ihrer Infrastrukturen kennen, langfristig kontinuierliche Unterhaltskonzepte verfolgen und das verfügbare Geld so einsetzen, dass der grösste Nutzen resultiert.

- Es sollen zusätzliche Anreize geschaffen werden, damit die Bahnen das bestehende Rollmaterial und dessen Einsatz so anpassen, dass es die Fahrbahn schont.

- Es soll sichergestellt werden, dass sich die Infrastruktur- und die Verkehrssparten innerhalb der integrierten Bahnunternehmen besser koordinieren und dass die Interessen der Infrastrukturbereiche angemessen berücksichtigt werden.

- Die Infrastrukturabteilungen der Bahnunternehmen müssen die Analysen zu den Kosten ihrer Infrastrukturen über den gesamten Lebenszyklus verbessern und die Zustandserfassung der Fahrbahn optimieren.

Mit diesen Massnahmen können die Widerstandsfähigkeit der Fahrbahn verbessert, der Fahrbahnzustand länger stabil gehalten und die Kosten für Unterhalt und Substanzerhalt begrenzt werden. Weitere vertiefende Forschungsarbeiten zum Thema sind aus Sicht des BAV erwünscht. Auch die Bahnen sollten solche Arbeiten an die Hand nehmen.

BAV-News_Nr. 37_Januar 2016

https://www.bav.admin.ch/content/bav/de/home/publikationen/bav-news/ausgaben-2016/ausgabe-januar-2016/neue-erkenntnisse-zu-verschleiss-und-pflege-der-eisenbahn.html